BASECAMP ON AIR: Digitale Bausteine für den Weg aus der Krise

Montage: CC0 1.0, Pixabay User TheDigitalArtist, lumina_obscura und OpenClipart-Vectors | bearbeitet
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Veröffentlicht am 07.05.2020

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Bund und Länder haben angefangen, die beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zu lockern. Wie digitale Instrumente dabei helfen können, sicherzustellen, dass die Infektionszahlen auf dem Weg aus dem „Lockdown“ nicht wieder unkontrolliert steigen, war Thema beim zweiten Teil des neuen Online-Talkformats „BASECAMP ON AIR“ von Telefónica Deutschland.

Wieder mehr gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben zu ermöglichen und dabei die Rate der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 so niedrig wie möglich zu halten, ist die Herausforderung, der wir uns aktuell gegenübersehen. Welchen Beitrag digitale Instrumente dazu leisten können, war das Thema beim zweiten Teil der neuen Veranstaltungsreihe „BASECAMP ON AIR“ von Telefónica Deutschland am 5. Mai. Das BASECAMP in der Berliner Mittelstraße, wie die meisten anderen Locations ebenfalls von den Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus betroffen, wurde kurzerhand in den digitalen Raum umgezogen. Mit BASECAMP ON AIR ist dabei ein neues Format entstanden, dass die digitale Community weiterhin mit den gewohnten – aber auch mit neuen – Events versorgt.

Mit Pia von Houwald, Director B2P Digital Processes & Services bei Telefónica Deutschland, diskutierten Georg Polzer, Co-Founder & Head of Strategy von Teralytics, Stephan Noller, CEO von Ubirch, und Christian Winkelhofer, Managing Director neue Technologien bei Accenture Österreich. Video-Impulse lieferten außerdem der Leiter des Health Innovation Hub (hih) des Bundesgesundheitsministeriums, Prof. Dr. Jörg Debatin, und der Hauptgeschäftsführer des Digitalverbandes Bitkom, Dr. Bernhard Rohleder. Moderiert wurde BASECAMP ON AIR von der Pro7-Moderatorin Leslie Nachmann.

Was digitale Instrumente leisten können

Bitkom-Chef Bernhard Rohleder unterstrich in seinem Impuls: „Die Krise hat einen digitalen Schock und einen digitalen Schub“ ausgelöst. Digitale Instrumente helfen aktuell, die Gesellschaft zu verbinden, weite Teile der Wirtschaft am Laufen und die Verwaltung arbeitsfähig zu halten. Diese Erkenntnis und der Digitalisierungsschub, der daraus erwachsen ist, plädierte Rohleder, „muss bleiben“ – auch nach der Krise. Bis dahin könne die Digitalisierung helfen, um auf „mittelalterliche Interventionen in unserem Alltagsleben“ zu verzichten. Damit spielte er auf die in Entwicklung befindliche Tracing-App des Bundes an, mit deren Hilfe Infektionsketten identifiziert und unterbrochen werden sollen.

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Allerdings habe der Streit um das Konzept der App und der von der Bundesregierung Ende April vollzogene Wechsel, weg von PEPP-PT, Zeit gekostet und Akzeptanz verspielt. Trotzdem rechne er jetzt, „wenn alles gut geht“, mit einer in wenigen Wochen funktionsfähigen und datenschutzfreundlichen Anwendung. Ob die App erfolgreich und wirkungsvoll sein wird, hänge dann wiederum davon ab, „dass alle mitmachen“. Notwendig sei eine Beteiligung von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung, sagte Rohleder mit Verweis auf eine Studie der Universität Oxford.

Auch der Leiter des Health Innovation Hubs, Jörg Debatin, spürt „sehr viel Rückenwind“ für die Digitalisierung. Aus seiner Sicht liegt dies daran, dass die Vorteile aktuell sehr greifbar seien. Als Beispiel hob Debatin in seinem Impuls digitale Sprechstunden hervor, die in den letzten Wochen stark zugenommen hätten. Im Kampf gegen die Corona-Epidemie in Deutschland seien neben der Tracing-App, deren Fertigstellung Debatin für Ende Mai erwartet, noch zwei weitere digitale Instrumente von Relevanz. Mit einer digitalen „Corona-Akte“ könnten einerseits alle medizinisch relevanten Informationen zu einem Patienten dokumentiert und gleichzeitig registriert werden, von wem er Besuch bekommen hat. Darüber hinaus würde ein „digitales Home-Monitoring“ von Infizierten deren engmaschige Kontrolle und medizinische Versorgung im Notfall sicherstellen. „Ich glaube, das sind sicherlich drei ganz wichtige Beiträge aus Sicht der Digitalisierung, um uns aus diesem ‚Lockdown‘ zu befreien“, erklärte Debatin.

Auch Datenanalysen helfen

Während in Deutschland noch entwickelt wird, ist die österreichische Tracing-App schon „seit fünf Wochen im Feld“, bestätigte Christian Winkelhofer von Accenture Moderatorin Leslie Nachmann auf Nachfrage. Winkelhofer hat an der Entwicklung mitgewirkt und stellte bei BASECAMP ON AIR deren Funktionsweise vor. Die App Stopp Corona wurde unter dem Dach des Österreichischen Roten Kreuzes konzipiert und programmiert. Im Kern, so Winkelhofer, habe sie bisher zwei Funktionen: Eine Kontaktverfolgung über Bluetooth oder manuell sowie eine Symptomprüfung. Wird jemand positiv auf SARS-CoV-2 getestet oder besteht ein Anfangsverdacht, können die gesammelten Kontakte anonym informiert werden. Der Einsatz der App und die Meldung an Kontakte beruht auf Freiwilligkeit.

Leslie Nachmann, Stephan Noller, Christian Winkelhofer, Pia von Houwald und Georg Polzer, Foto: Screenshot

Dass aber nicht nur Tracing-Apps, sondern auch Datenanalysen helfen können, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, zeigen Telefónica Deutschland und der Datenanalysespezialist Teralytics. Sie versorgen in Deutschland unter anderem das Robert Koch-Institut (RKI) und das Bundeskanzleramt mit Informationen zum Mobilitätsverhalten der Bevölkerung. „Diese Analysen basieren ausschließlich auf anonymisierten und aggregierten Daten, die keine Rückschlüsse auf konkrete Personen zulassen“, unterstrich Pia von Houwald. Das Verfahren zur Anonymisierung wurde wiederum gemeinsam mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten entwickelt.

Georg Polzer von Teralytics zeigte dem zugeschalteten Publikum dann, wie die deutschlandweiten Mobilitätströme visualisiert werden und wie sie sich seit Februar verändert haben. So reisten beispielsweise am vergangenen Wochenende rund 50 Prozent weniger Menschen aus allen Teilen des Landes in das Ruhrgebiet als vor dem Beginn der Kontaktbeschränkungen. Die Analysen zeigen auch, dass die Berliner wesentlich weniger U-Bahn fahren und innerhalb Deutschlands quasi nicht mehr geflogen wird. Diese Informationen könnten auch Verkehrsdienstleistern helfen, ihre Angebote neu auszurichten, betonte Polzer.

Den Gesundheitsstatus in der Tasche

Das IT-Unternehmen Ubirch arbeitet unterdessen in einem Konsortium um die Boston Consulting Group, die Uniklinik Köln und Lufthansa an einem „digitalen Corona Gesundheitszertifikat„. Den Ansatz dahinter erläuterte Ubirch-CEO Stephan Noller: „Wir haben große Kapazitäten, Virentests durchzuführen, sogenannte PCR-Tests, und diese Tests haben einen spannenden Aspekt, auf den auch das RKI immer wieder hinweist, nämlich die Tatsache, dass man nach einem negativen Test sicher sein kann, drei Tage nicht infektiös zu sein.“ Denn selbst wenn man sich unmittelbar nach dem Test infiziere, werde man selbst erst nach drei Tagen ansteckend. Dies eröffne Spielräume, um Arbeit und Reisen wieder kontrolliert zuzulassen. Die zentrale Information dafür, das Testergebnis mit Zeitstempel, soll dabei jeder digital, sicher und zertifiziert auf sein Smartphone erhalten. Dies könne auf Basis der Blockchain-Technologie erfolgen, so Noller.

Die Veranstaltung hat unterm Strich eine Reihe von wirksamen, digitalen Möglichkeiten und Wegen aufgezeigt, die beim Exit aus dem Lockdown helfen können. Im Gegensatz zu einem Impfstoff sind sie zudem sofort verfügbar. Digitalisierung ist jedoch nur ein Baustein, der bei den Bemühungen gegen das Coronavirus unterstützen kann. Entscheidend für den Einsatz digitaler Maßnahmen ist Transparenz hinsichtlich der Speicherung und Verwendung von Daten und der damit verbundenen Akzeptanz bei den Bürgern.

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