Vorwahlen nach US-Vorbild – nun auch in Europa?

Bei den Grünen wird nicht mehr ausschließlich "klassisch" gewählt. (Foto: Tobias Schwarz)
Veröffentlicht am 29.05.2013

In Deutschland haben die Grünen als erste Partei ihre Spitzenkandidaten zur nächsten Bundestagswahl per Urwahl bestimmt. Die Urwahl, das ist im Prinzip das, was wir aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf als „Primaries“, also Vorwahlen kennen. Nun soll zur Europawahl 2014 ähnlich verfahren werden: Die beiden Spitzenkandidaten der Europäischen Grünen Partei sollen durch europaweite Online-Primaries festgelegt werden.

Was ist eine Primary? Welche Vorteile kann sie haben? Welche Bedeutung haben Primaries in den USA, wo sie bereits fester Bestandteil des Wahlprozesses sind? Wir fassen zusammen.

Was ist eine Primary?

Bei den Grünen wird nicht mehr ausschließlich "klassisch" gewählt. (Foto: Tobias Schwarz)
Bei den Grünen wird nicht mehr ausschließlich „klassisch“ gewählt. (Foto: Tobias Schwarz)

In einer Vorwahl – einer sogenannten Primary – wird ein Kandidat für eine später anstehende Wahl bestimmt. Unter den verschiedenen Formen der Kandidatenaufstellung zu politischen Ämtern und Mandaten unterscheidet sich die Vorwahl von eher exklusiveren Nominierungsverfahren dadurch, dass ein viel größerer Personenkreis zur Kandidatenauswahl teilnahmeberechtigt ist. Befürworter von Vorwahlen bezeichnen diese als demokratischer.

Die Primary Elections in den USA

Die Primary Elections werden in einem Teil der amerikanischen Bundesstaaten (in den anderen findet keine Primary, sondern ein Caucus statt), zur Wahl der Präsidentschaftskandidaten durchgeführt: Sie starten im Januar des Wahljahres und bestimmen formal die Delegierten für den Bundesparteitag, bei dem über den Präsidentschaftskandidaten abgestimmt wird. Die Delegierten sind in der Regel auf einen bestimmten Präsidentschaftskandidaten festgelegt.

Primaries stehen allen eingetragenen Wählern eines Bundesstaates offen. Dabei ist es von Staat zu Staat unterschiedlich, ob man registrierter Wähler mit angegebener Parteipräferenz sein muss oder nicht. Parteipräferenz bedeutet, dass man sich, wenn man sich als Wähler registriert, dieses entweder als Demokrat, Republikaner oder Independent tut.

Daraus resultieren zwei Arten von Primaries: die offene und die geschlossene. Bei der offenen Primary können Bürger unabhängig von ihrer Parteipräferenz entscheiden, an welcher Vorwahl – demokratisch oder republikanisch – sie teilnehmen wollen. Sie müssen sich aber auf eine Seite festlegen. Bei der geschlossenen Primary sind nur die registrierten Wähler einer Partei zugelassen. Unabhängige dürfen gar nicht wählen.

Primaries – auch in Deutschland?

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Diskussionen, Kandidaten für die Wahl in hohe politische Ämter, wie etwa das des Bundeskanzlers, künftig durch Vorwahlen zu bestimmen. Die Befürworter versprechen sich hiervon eine größere Beteiligung der Bürger am demokratischen Prozess sowie eine höhere Anerkennung des späteren Amtsträgers. Zuletzt lebte diese Debatte in der Öffentlichkeit 2008 auf, als junge Politiker aus Union und FDP forderten, dass die Parteien auch in Deutschland ihre Spitzenkandidaten in Vorwahlen küren.

Im gleichen Jahr forderte auch Sigmar Gabriel Vorwahlen für SPD-Kandidaten: Damals erregte er Aufsehen mit dem Vorschlag, den SPD-Spitzenkandidaten zur Niedersachsen-Wahl durch eine Vorwahl nach US-Vorbild zu bestimmen.

Als erste Partei in Deutschland hat dann aber Bündnis 90/Die Grünen ihre Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2013 durch eine Urwahl festgelegt.

Primaries zur Europawahl 2014

Auf dem Parteitag der Europäischen Grünen Partei (EGP) Mitte Mai wurde nun bekannt gegeben, dass die EGP als erste Europäische Partei Online-Primaries durchführen wird, um die beiden Spitzenkandidaten für die Europawahl 2014 zu ermitteln.

Das Ziel sei es, die Bürger in einen Prozess einzubinden, der bisher hinter geschlossenen Türen mithilfe parteiinterner Verfahren stattfinde, so die EGP in ihrer Presseinfo. Johannes Hillje, Wahlkampfmanager der Europäischen Grünen Partei: „Unsere öffentliche und europaweite grüne Online-Primary ist ein effektives Instrument, um endlich wirkliche politische Partizipation auf europäischer Ebene zu ermöglichen und die europäische Öffentlichkeit frühzeitig für die Europawahlen zu mobilisieren.“

Im kommenden halben Jahr soll die konkrete Ausarbeitung und technische Umsetzung erarbeitet werden. Interessierte Kandidaten können sich bis dahin nach Nominierung durch ihre Partei und der Unterstützung von fünf EGP-Mitgliedsparteien bewerben.

Die Primaries werden von Mitte Januar bis Mitte Februar 2014 stattfinden. Abstimmen können alle Menschen in der EU über 16 Jahren, die sich mit den Zielen der Grünen identifizieren (wie dies überprüft werden soll, wurde noch nicht bekannt gegeben) oder Mitglied einer EGP Mitgliedspartei sind, mitmachen.

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