Meine Kfz-Daten gehören mir!

In diesem Auto fallen noch keine Daten an, doch Datenschutz im KFZ ist heute ein zentrales Thema, Foto: CC-By 2.0 Flickr User José Eduardo Deboni
Veröffentlicht am 05.02.2016

Die Verhandlungen des Verbands der Automobilindustrie (VDA) mit den Datenschutzbeauftragten der Bundesländer und des Bundes sind in der vergangenen Woche erfolgreich beendet worden. Beide Seiten verständigten sich nach über einem Jahr in einer gemeinsamen Erklärung auf Datenschutz-Standards für Online- und Offline-Fahrzeuge. Demnach gelten die bei der Kfz-Nutzung anfallenden Daten dann als „personenbezogen im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), wenn eine Verknüpfung mit der Fahrzeugidentifikationsnummer oder dem Kfz-Kennzeichen vorliegt“, heißt es in der Vereinbarung. Die Fahrzeugnutzer sollen zudem durch verschiedene Optionen über die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten selbst bestimmen können und damit die Datenhoheit behalten. Die Automobilhersteller streben laut der Erklärung an, „durch standardisierte Symbole im Cockpit den aktuellen Vernetzungsstatus des Fahrzeugs erkennbar anzuzeigen und Möglichkeiten der jederzeitigen Aktivierung und Deaktivierung dieses Status‘ vorzusehen“.

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In diesem Auto fallen noch keine Daten an, doch Datenschutz im KFZ ist heute ein zentrales Thema, Foto: CC-By 2.0 Flickr User José Eduardo Deboni

Sowohl die Datenhoheit als auch die leichte Einstellung des Datenübertragungsmodus durch den Nutzer hatten Politiker der Großen Koalition in Positionspapieren zum autonomen Fahren und zur Mobilität 4.0 mehrfach gefordert. Auch die „Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren“ der Bundesregierung, die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im September vorgestellt hatte, stellt unmissverständlich fest: „Es gilt der Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung.“ Ebenso hatte der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Gerrit Hornung von der Universität Passau bereits vor einem Jahr bei einer Konferenz von BMJV und Bitkom zum „Connected Car“ darauf hingewiesen, dass alle Autodaten personenbezogene Daten seien, weil das Auto einer Person gehöre. Personenbezogene Daten unterlägen laut dem sogenannten Volkszählungsurteil von 1983 dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Einschränkungen dieses Rechts seien nur im „überwiegenden Allgemeininteresse“ zulässig und bedürften einer verfassungsgemäßen, gesetzlichen Grundlage, die dem Gebot der Normenklarheit entsprechen müssten. Möglicherweise geht die Vereinbarung zwischen Automobilindustrie und Datenschützern also noch nicht weit genug.

Studie zur Mobilität von morgen

Auch die Autoren der Studie zur Mobilität 2025, die das Bundeswirtschaftsministerium finanziert und am 26. Januar veröffentlicht hat, raten dazu, „Klarheit im Umgang mit Mobilitätsdaten durch Anpassungen und Harmonisierungen im Datenschutzrecht“ zu schaffen. Die wissenschaftliche Untersuchung von der Technischen Universität Dresden, dem Institut für Vernetzte Mobilität (IVM) und dem Institut für Automation und Kommunikation (IfAK) widmet sich konkret dem Thema „Koexistenz oder Konvergenz von IKT für Automotive? Anforderungen der vernetzten Mobilität von morgen an Fahrzeuge, Verkehrs- und Mobilfunkinfrastruktur“. Sie skizziert die möglichen Entwicklungsszenarien der Automobilbranche ‒ die parallele Existenz von Elektromobilität und autonomen Fahren sowie die Verschmelzung dieser beiden aktuellen Entwicklungstendenzen ‒ und stellt zusammenfassend fest: „dass es sich beim Szenario „Koexistenz“ eher um ein an der Fortschreibung der Gegenwart in die Folgezeit orientiertes Zukunftsbild handelt und beim Szenario „Konvergenz“ um eines, das disruptive Entwicklungen aufweist“.

Im Szenario „Konvergenz“ spiele Kommunikation für die Mobilitätswelt eine noch größere Rolle als im Szenario „Koexistenz“. Eine objektive Schlussfolgerung, welches der beiden Systeme „fortschrittlicher oder wünschenswerter“ ist, ergibt sich laut der Studie durch diese Erkenntnis aber nicht. Zwar seien die Verbreitungsgrade hochautomatisierter Systeme im Szenario „Konvergenz“ höher „aufgrund der Vorteile, die eine umfassende Fahrzeugvernetzung mit sich bringt“, im Szenario „Koexistenz“ sind die vergleichbaren Systeme aber „technologisch leistungsfähiger und höher entwickelt“ da sie Abhängigkeiten von Kommunikationsinfrastrukturen vermeiden.

Handlungsfelder für die Politik

Ausgehend von den beiden Szenarien haben die Autoren der Studie zahlreiche Handlungsfelder identifiziert, auf deren Grundlage Politik und Stakeholder „konkrete Handlungsempfehlungen ableiten“ können, wobei es sich bei dem angestrebten Zielszenario aber auch um eine Mischform der beiden beschriebenen Szenarien handeln könne. So empfiehlt die Studie im Bereich „Wertschöpfung und Innovation“ beispielsweise die „Verbesserung der Gründungsbedingungen für Mobilitäts-Start-ups und eine stärkere Fokussierung der Innovationsförderung auf KMUs“. Ein Förderkonzept für den Mittelstand hatte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka zwar bereits Mitte Januar vorgestellt, eine Förderung von Forschung und Entwicklung ist darin noch nicht vorgesehen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und die SPD-Bundestagsfraktion befürworten allerdings eine solche Maßnahme. In der Studie wird darüber hinaus „Standardisierung als Rahmen für innovative Produkte und Dienste“ empfohlen.

Im Bereich „Sicherheit und Verfügbarkeit“ plädieren die Autoren der Studie dafür, sich um die Anonymität der Kommunikation bzw. die Verschlüsselung vertraulicher Informationen zu kümmern. Auch der Schutz kritischer Infrastrukturen sehen sie als notwendig an. In diesem Punkt hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit dem IT-Sicherheitsgesetz bereits eine Grundlage gelegt, die auch nach Ansicht der Experten auf dem IT-Sicherheitsforum im BMWi am 19. Januar aber noch auf weitere Bereiche ausgeweitet werden muss.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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