Internationaler Versandhandel: Plattformen sollen haften

Veröffentlicht am 23.08.2019

Foto: CC0 1.0, Pixabay / justyre | Ausschnitt bearbeitet
Bayern will E-Commerce-Plattformen im Internet für ihre Händler haften lassen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf möge die Bundesregierung erarbeiten, heißt es im Entschließungsantrag zur „Einführung einer Haftung der Betreiber von E-Commerce-Plattformen„, den der Freistaat vergangene Woche beim Bundesrat einbrachte und in der nächsten Sitzung am 20. September vorstellen will. Mit dem Online-Handel sei auch die Zahl der Waren aus dem nicht-europäischen Ausland gewachsen – viele davon verstießen jedoch gegen deutsche und europäische Verbraucherschutzregeln, schreibt die Staatsregierung. Um den Behörden die Marktüberwachung in diesem Bereich zu erleichtern, will Bayern nun die Plattformen in die Pflicht nehmen, auf denen die Händler ihre Angebote schalten.

Allein die Zahl der Sendungen aus China habe von 60 Millionen im Jahr 2016 auf 100 Millionen 2017 zugenommen, schreibt die Bayerische Staatsregierung und beruft sich auf Auswertungen des Zolls. E-Commerce-Plattformen seien demnach die Ursache für den Großteil dieser Post. Jedoch würden bei vielen der internationalen Sendungen „weder verbraucher- noch gesundheits- noch umweltschützende Regulierungen eingehalten“, heißt es im Antrag. „Auch gewerbliche Schutzrechte werden oft nicht ausreichend beachtet.“ Die Staatsregierung sieht hier die Gefahr für „gravierende Wettbewerbsnachteile“ europäischer Händler und Hersteller. Denn wer die strengen Regeln nicht einhalte, könne Waren zu niedrigeren Preisen und Versandkosten anbieten. Außerdem profitierten Händler aus Drittstaaten von „präferentiellen Konditionen des Weltpostabkommens.

Daher schlägt Bayern vor, eine „Haftung von E-Commerce-Plattformbetreibern für die Einhaltung aller produktbezogenen europäischen und deutschen Bestimmungen durch plattformnutzende Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union“ einzuführen. Außerdem sollen die Plattformen dafür mitverantwortlich sein, dass Anbieter nötige Angaben zur Identität und zum Unternehmenssitz veröffentlichen. Zusätzlich solle das Weltpostabkommen überprüft werden, um „gewerbliche Lieferungen aus exportstarken Drittländern nicht länger unangemessen gegenüber innereuropäischen Lieferungen zu bevorzugen.

Regeln für Handelsplattform durch EU und Bund

Die EU hat in den vergangenen Monaten bereits einige neue Regeln für E-Commerce-Plattformen erlassen. Dazu gehört etwa die Verordnung „zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“, auch Platform-to-business-Verordnung (P2B) genannt. Sie verpflichtet Online-Plattformen zu mehr Transparenz, etwa mit Blick auf das Ranking ihrer Suchergebnisse, und soll den Nutzern wirksame Rechtsbehelfe verschaffen. Die P2B-Verordnung trat am 31. Juli formell in Kraft, entfaltet aber erst ab dem 12. Juli 2020 ihre Geltung.

Außerdem hat der Europäische Rat auf Vorschlag der Kommission bereits im Dezember 2017 neue Regeln zur Mehrwertsteuererhebung im Online-Handel verabschiedet, die größtenteils jedoch erst 2021 Wirkung entfalten. Sie verpflichten die Plattformen unter bestimmten Umständen, statt der auf ihnen tätigen Händler Mehrwertsteuer auf deren Verkäufe abzuführen. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass Online-Händler aus Drittstaaten in der EU ihre Waren verkaufen, ohne dafür Steuern zu zahlen.

Um nicht bis 2021 zu warten, verabschiedeten Bundestag und Bundesrat im Dezember 2018 mit gleichem Ziel das „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“. Größter Unterschied zu den EU-Regeln ist, dass die Nationale Initiative bereits seit Januar 2019, nicht erst ab 2021 Wirkung entfaltet.

Bayerischer Antrag soll EU-Regeln vorgreifen

Mit ähnlicher Motivation – um nicht die Wirkung des EU-Rechts abwarten zu müssen – hat nun Bayern den Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht: Die Verordnung über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten, in Kraft seit Juli 2019, soll ebenfalls Online-Plattformen in die Pflicht nehmen, wenn sie aus Versandzentren in der EU für internationale Händler Waren versenden. Die Verordnung entfaltet jedoch erst 2021 Wirkung. „Aus Sicht der Staatsregierung kommen diese Maßnahmen angesichts der Dynamik der E-Commerce-Entwicklung zu spät und sind nicht ausreichend“, erklärte die Bayerische Staatsregierung in einer Pressemitteilung.

Nach Vorstellung des Entschließungsantrags wird der Bundesrat die Vorlage aller Voraussicht nach den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuweisen.

Tagesspiegel Politikmonitoring

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.

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