Bundesinnenminister fordert mehr Überwachung

Mehr Videoüberwachung geplant; Foto: Harald Geywitz
Mehr Videoüberwachung geplant; Foto: Harald Geywitz
Veröffentlicht am 16.08.2016

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat in seinem Maßnahmenkatalog als Reaktion auf die Gewalttaten von Würzburg, Ansbach und München mehrere Gesetzesänderungen zur Erleichterung der elektronischen Überwachung gefordert. Seine Vorschläge könnten schnell und noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, sagte de Maizière bei seiner Pressekonferenz am 11. August. Sie seien auch für den Koalitionspartner SPD „politisch zumutbar“.

Unter der Überschrift „Herausforderung Cyberraum: Das Internet darf kein Schutzraum für Kriminelle sein“ fordert de Maizière, die rechtliche Trennung von Telekommunikationsdiensten und Telemediendiensten aufzuheben: „Es darf bei Straftätern keinen Unterschied machen, ob sie telefonieren, die Sprachtelefonie-Funktion von Messenger-Diensten nutzen, Nachrichten schreiben oder über soziale Medien kommunizieren.“ Praktisch dürfte das die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung auf Messenger, soziale Medien oder auch Online-Spiele mit Chat-Funktion bedeuten. Ähnliches hatte der Bundesrat in einem Beschluss vom 22. April gefordert. Darin sprachen sich die Länder für „eine stärkere Gleichbehandlung von Substitutionsprodukten für Telekommunikationsdienste wie Messengerdienste und standortbezogene Dienste mit Telekommunikationsdiensten aus“ und baten „die Bundesregierung, insbesondere die Anwendung der im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelten Vorschriften zum Kundenschutz, zur Marktregulierung, zum Fernmeldegeheimnis und zum Datenschutz für Dienste gleicher Funktionalität sicherzustellen.“

Von der Internetwirtschaft kam sofort Kritik. eco-Vorstand Oliver Süme teilte mit: „Damit würden technologisch hochkomplexe und immens teure Verfahren, die für Telekommunikations-anbieter gelten, auf alle Dienste ausgeweitet. Dabei gibt es bereits für alle Dienste bindende Verpflichtungen zur Auskunft und Herausgabe persönlicher Daten. Weitere gesetzliche Verschärfungen sind daher nicht notwendig“. Mobilfunkunternehmen stellen der Politik dagegen seit längerem die Frage, warum beispielsweise SMS und WhatsApp unterschiedlich reguliert werden.

De Maizière forderte auch mehr Videoüberwachung und bessere Auswertungsmöglichkeiten – sowohl technisch wie rechtlich. Mehr Videoüberwachung könnte es durch eine geänderte Genehmigungspraxis der Landesdatenschutzbehörden geben. Sicherheitsbelange müssten „gewichtiger“ in die „durchzuführende Abwägungsentscheidung eingehen“. Als Beispiel nannte der Bundesinnenminister den Fall einer Bombendrohung in Dortmund. Dabei hätten „Videoaufzeichnungen zur Aufklärung der Sachlage beitragen können, wenn diese von den Datenschützern nicht untersagt worden wären“.

Videotechnik
Mehr Videoüberwachung geplant, Foto: Harald Geywitz

Die Bundespolizei soll nach de Maizières Worten das Recht bekommen, Autokennzeichen im fahrenden Verkehr automatisch auszulesen und mit der Fahndungsliste abzugleichen – um „Gefahren durch grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus bei der Grenzfahndung noch gezielter erkennen und abwehren zu können.“ De Maizière kündigte an, das Bundeskriminalamt (BKA) werde seine organisatorische und technische Kompetenz beim Einsatz von Biometrie weiter stärken: „Das Lichtbild und Gesichtserkennungssysteme sollen perspektivisch mit einer vergleichbaren Zuverlässigkeit wie beim Fingerabdruck zur Identifizierung beitragen.“

Am Freitag, 19. August, treffen sich die Innenminister von CDU und CSU in Berlin. Auch sie werden über Maßnahmen nach den jüngsten Gewalttaten beraten. Im Vorfeld hatten Forderungen aus der „Berliner Erklärung“, die dabei verabschiedet werden soll, für Aufregung gesorgt – und bei Themen wie der Einschränkung der doppelten Staatsbürgerschaft zeichnet sich ein hohes Konfliktpotential mit der SPD ab, dem Koalitionspartner in der Bundesregierung. Dessen Unterstützung braucht de Maizière aber, wenn er die jetzt vorgestellten Maßnahmen noch vor der Bundestagswahl umsetzen will.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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