Alles unter Kontrolle: Der vernetzte Alltag

Veröffentlicht am 16.01.2014

Sie weiß alles, ohne zu fragen – „wie eine Mama, nur besser – eine Mama mit Upgrade“: Mit diesen Worten wird die neueste Erfindung im Smart Home beworben, die bei der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas vorgestellt wurde. „Mother“ soll ein Alltagsbegleiter in einer gar nicht allzu fernen Zukunft werden. In dieser Zukunft erfährt man beispielsweise über das eigene Smartphone je nach individuellem Wunsch, was im Haushalt so passiert: Ob die Kinder die Zähne geputzt haben, wer gerade zuhause ist, ob Opa seine Pillen genommen hat, ob man selbst genug Wasser trinkt oder ob gerade jemand versucht in die Wohnung einzubrechen. Dies alles geschieht mit der entsprechenden App und durch kleine Helfer mit Sensoren, die beliebig im Haus oder an Schlüsselanhängern verteilt werden können und die alle miteinander kommunizieren. Die Erfinder träumen von einer vernetzten Lebenswelt.
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Kontrolle durch Selbstverwaltung

Nabaztag ist der Name eines kleinen Hasen, der schon einmal einen ähnlichen Ansatz verfolgte. Das kleine Gerät in Form eines Hasen kommuniziert über Ton, Licht und Ohrenbewegungen mit dem Besitzer. Per RFID-Chip kann Nabaztag Bücher vorlesen, außerdem auf Wunsch über seinen Internetzugang Wetterprognosen oder Mails checken. Der Internethase wurde 2006 unter anderem von dem Entwickler vorgestellt, der nun an der Produktion der besseren Mama beteiligt war. Hinter beiden Produkten steckt die Idee, dass alles vernetzt werden kann – von der Zahnbürste über den Kühlschrank bis hin zur Kaffeetasse. Alle Informationen laufen auf dem Smartphone zusammen, welches die meisten Menschen sowieso stets bei sich tragen. Bei Bedarf können die Informationen auch auf dem Tablet aufgerufen und verwaltet werden. Es scheint, als wäre dadurch nun der letzte Bereich im Leben für die einfache Selbstverwaltung erschlossen worden.

Selbstverständlich muss man kein Kontrollfreak sein, um wissen zu wollen, wann die Kühlschranktür offen steht oder welche Raumtemperatur das Kinderzimmer hat. Der Wunsch nach Kontrolle im Haushalt basiert häufig einfach auf purer Sorge – und wo eine Nachfrage besteht, selbst eine unbewusste, war der Markt schon immer schnell bereit, sie mit individuellen Angeboten zu bedienen. Und was könnte individueller zugeschnitten sein, als die Sensoren selbst und eigenständig zu verteilen und umherzutragen?

Ein „Smart Home“ ist auch ein kontrolliertes „Home“

Alles im Alltag der Zukunft ist also vernetzbar und, wenn gewollt, auch kontrollierbar. Im medizinischen Sektor ist das sicher keine schlechte Idee, für den Privatbereich ist der Gedanke noch etwas gewöhnungsbedürftig. Neben dem unguten Gefühl von ständiger Überwachung müssen die Erfinder noch eine zweite Hürde nehmen: Jeder Haushalt, der ein Smart Home sein und das sogenannte Internet der Dinge nutzen will, muss sich bald besser mit Technik auskennen als jemals zuvor. Die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten haben allerdings den Vorteil, dass alle Haushaltsmitglieder individuell entscheiden können, wie viel Kontrolle ihrer Tätigkeiten und wie viel Entscheidungshilfe sie im Alltag wirklich brauchen und wollen. Die Evolution hat aus „Big Brother“ nun jedenfalls „Mother“ hervorgebracht – andere Interpretationen dieser Wortfindung sind selbstverständlich möglich.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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