Weitere Anpassung: DS-GVO, E-Privacy und Abmahnreform

Foto: CC BY 2.0 Flickr User Dominic Smith. Bildname: Data Protection and Privacy. Foto Credit cerillion. Ausschnitt bearbeitet.
Veröffentlicht am 10.08.2018
Foto: CC BY 2.0 Flickr User Dominic Smith. Bildname: Data Protection and Privacy. Foto Credit cerillion. Ausschnitt bearbeitet.

Mit der Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) seit dem 25. Mai 2018
steht der Gesetzgeber weiter an mehreren Stellen vor Herausforderungen. Einerseits
muss die Regierung mit dem zweiten Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetzes-
EU (2. DSAnpUG-EU) die Fachgesetze an die DS-GVO angleichen. Andererseits steht nach
der im Juni entfachten Debatte um missbräuchliche Abmahnungen im Kontext des
Datenschutzrechts nach der Sommerpause auch noch die angekündigte Reform des
Abmahnwesens aus. Für die E-Privacy-Verordnung auf europäischer Ebene, welche die DSGVO in Bezug auf die elektronische Kommunikation präzisieren und ursprünglich im Mai
2018 in Kraft treten sollte, stehen die Chancen einer erfolgreichen Verabschiedung vor
der Europawahl 2019 immer schlechter. Dadurch ergeben sich Rechtsunsicherheiten, die
unter anderem durch eine Änderung des Telemediengesetzes (TMG) unterbunden
werden könnten.

Abmahnreform

Wie befürchtet, mahnen einige Anwälte seit der Einführung der DS-GVO vor allem kleine
und mittlere Unternehmen ab. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 17. Juli hervor.

„Die Bundesregierung beobachtet aufmerksam, dass Unternehmen bereits
unmittelbar mit Beginn der Anwendbarkeit der DS-GVO […] Abmahnungen von
Rechtsanwaltskanzleien erhalten haben, die mit Verstößen gegen die DS-GVO begründet
und in denen nicht unerheblich Abmahnkosten geltend gemacht wurden. […]
Gegenwärtig prüft die Bundesregierung Maßnahmen in diesem Bereich und beobachtet
die Entwicklung.“

Zu „beobachten“ und zu „prüfen“ wird allerdings nicht ausreichen; haben doch die
Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD die Bundesregierung noch einmal im Rahmen
der Verabschiedung der Musterfeststellungsklage dazu aufgefordert „einen
Gesetzesvorschlag zur Bekämpfung von Abmahnmissbrauch bis zum 1. September 2018
vorzulegen“. Besonders wichtig ist den Parlamentariern der Koalitionsfraktionen der
Schutz von kleinen und mittelständigen Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen,
Vereinen und Selbstständigen. Konkret braucht es dazu eine Klarstellung im Gesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb (UWG) und ggf. im Unterlassungsklagegesetz (UKlaG). Die Koalitionsfraktionen sind sich bisher aber noch uneins über den Umfang, in denen Abmahnungen bekämpft werden sollen. Während die CDU/CSU eine Abmahnreform speziell für die DS-GVO möchte, sieht der Plan der SPD vor, das Abmahnwesen generell zu reformieren. Die bayerische Staatsregierung hatte hierzu schon einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause beraten wurde. Letztendlich liegt es aber beim SPD-geführten BMJV einen Vorschlag zu unterbreiten. Dem Tagesspiegel Politikmonitoring erklärte das Ministerium, es werde „zeitnah einen Referentenentwurf mit geeigneten und wirkungsvollen Maßnahmen zur Bekämpfung des Abmahnmissbrauchs vorlegen“. Einen genaueren Zeitplan nennt das BMJV nicht.

2. DSAnpUG-EU

Zum federführend vom Bundesinnenministerium (BMI) konsolidierten Referentenentwurf
des 2. DSAnpUG-EU, haben die Verbände der betroffenen Branchen Stellung genommen.
Aufgrund der Vielzahl unterschiedlichster Gesetze, die auf die DS-GVO eingestellt werden
müssen, waren damit Vertreter außergewöhnlich vieler Sektoren angesprochen. Für die
Bereiche Digitales und Telekommunikation sind neben weiteren Änderungen im
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSIG) und dem Bundesmeldegesetz (BMG) auch das
Telekommunikationsgesetz (TKG) besonders betroffen. Nach momentanem Zeitplan soll
der Gesetzentwurf am 5. September im Kabinett beschlossen werden und am 31.
Dezember in Kraft treten.

E-Privacy

Zur E-Privacy-Verordnung auf EU-Ebene, für die es nach wie vor keine Ratsposition gibt,
wurde noch unter der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft ein Kompromissvorschlag
ausgearbeitet, mit dem die Bundesregierung weitestgehend übereinstimmte. Österreich, das den Ratsvorsitz am 1. Juli übernahm, hat am 10. Juli einen
nochmals überarbeiteten Vorschlag vorgelegt. So möchte Österreich den kompletten
Artikel 10 streichen. Dieser soll Nutzern ermöglichen, über ihren Browser zu signalisieren,
ob sie mit einem Tracking einverstanden sind. Ebenfalls will die österreichische Regierung
Unternehmen in die Lage versetzen, Metadaten ohne weitere Einwilligung der
Betroffenen zu sammeln, solange der neue Verwendungszweck kompatibel mit dem
ursprünglichen Zweck ist. Sowohl der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), als
auch europäische Datenschützer kritisieren diese Regelung. Privacy International,
European Digital Rights, Access Now und IT-Political Association Denmark schreiben in
einem offenen Brief an die europäischen Mitgliedstaaten, dass sie durch diese
Änderungen den Kern der Regulierung in verschiedenster Hinsicht angegriffen sehen. Die
Bundesregierung sieht die Vorschläge Österreichs hingegen weniger kritisch. Abgesehen
von seinen schon im Juni vorstellten Positionen, stellte das BMWi auf
Anfrage des Tagesspiegel Politikmonitorings fest, dass es die Vorschläge „zur Verarbeitung
von pseudonymen Standortdaten“ mittragen könne.

Aufgrund des noch vorhandenen Gesprächsbedarfs sieht sich Österreich nicht in der Lage,
bis zum Ende seiner Präsidentschaft eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten zu
erarbeiten, sondern plant stattdessen nur einen Statusbericht. Das wird von Kritikern als
Verzögerungstaktik wahrgenommen. Dass die E-Privacy-Verordnung dann im 2019
anlaufenden Europawahlkampf vorangebracht wird, scheint unwahrscheinlich.

TMG

Da die Einführung der E-Privacy-Verordnung sich voraussichtlich um mehrere Jahre nach
hinten verschiebt, fordern einige Verbände die Rechtssicherheit auch im
Telemediengesetz (TMG) herzustellen und dieses kurzfristig im Rahmen des 2. DSAnpUGEU
mit an die DS-GVO anzupassen. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium (BMWi)
hat laut der Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins (DAV) eine Anpassung zunächst
erwogen, hiervon aber letzten Endes abgesehen, da beim EuGH derzeit ein Verfahren
anhänge, dass sich mit der Umsetzung der „Cookie Regelungen“ beschäftige. Die Regelung
von „Cookies“ würde in die Anpassung des TMG fallen. Das Ministerium antwortete
ausweichend auf die Nachfrage des Tagesspiegel Politikmonitorings, ob eine Anpassung
des TMG innerhalb des 2. DSAnpUG-EU in Betracht gezogen werde. Eine Novelle des TMG
solle „Anpassungen aufgrund der DS-GVO auch Änderungen durch die E-Privacy-
Verordnung einbeziehen“. Eine kurzfristige Anpassung wäre damit vom Tisch. Sollte das BMWi bei dieser Meinung bleiben, würde dies „ein fatales Signal senden“, so der
DAV:

„Wenn der Bundestag ein deutsches Gesetz, trotz besseren Wissens über dessen
Nichtanwendbarkeit, über den Zeitraum von mehreren Jahren stehen lässt, sendet er
damit das falsche Signal an die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen.
Diesen wird vermittelt, dass es aus Sicht des Bundestages nicht notwendig
(beziehungsweise nicht möglich) ist, sich rechtstreu zu verhalten.“

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Martin Müller ist Analyst für Digitalpolitik.  

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