Projekt 2016: Wie investitionsfreundlich wird die Frequenzvergabe?

Veröffentlicht am 27.11.2014

Die Bundesnetzagentur arbeitet seit geraumer Zeit an den Rahmenbedingungen der weiteren Frequenznutzung in Deutschland. Neben der Zukunft der Ende 2016 auslaufenden Frequenznutzungsrechte (Projekt 2016) geht es dabei auch um neue Frequenzen bei 700 MHz, die so genannte Digitale Dividende II.

Dazu hat die Bundesnetzagentur einen Entscheidungsentwurf veröffentlicht, der bis zum 26.11.2014 kommentiert werden konnte. Am 1.12. informiert die Bundesnetzagentur ihren politischen Beirat und in den kommenden Wochen und Monaten werden damit entscheidende Weichenstellungen für den weiteren Breitbandausbau in Deutschland gestellt. Klar ist: Mobiles und leistungsfähiges Breitbandinternet wird in allen Teilen Deutschlands gebraucht. Ebenso klar ist: leistungsfähige Breitbandnetze wurden und werden sicherlich auch in Zukunft privatwirtschaftlich betrieben und errichtet. Investitionen in Milliardenhöhe sind bereits dafür getätigt worden.

Eine entscheidende Stellschraube für größtmögliche private Investitionen sind angemessene Nutzungskosten für die Frequenzen. Die im europäischen Vergleich bereits jetzt sehr hohen Frequenznutzungskosten in Deutschland waren schon bisher ein Investitionshindernis. Die auf die Frequenzauktion 2000 folgende mehrjährige Investitionsschwäche beim UMTS- / 3G-Ausbau sollte Warnung genug sein, den Fehler einer die staatliche Einnahmemaximierung ermöglichenden Auktion nicht zu wiederholen.

Zusätzlich gibt es das politische Vorhaben, die staatlichen Einnahmen aus der für das kommende Jahr avisierten Frequenzauktion für die Förderung des Breitbandausbaus zu verwenden. Dies läuft faktisch auf eine Förderung einzelner TK-Unternehmen aus Erlösen anderer TK-Unternehmen hinaus, und bedeutet die Umverteilung von Investitionsmitteln innerhalb des Marktes mit stark wettbewerbsverzerrender Wirkung. Auch das Bietverhalten einzelner Akteure während einer Auktion könnte dadurch massiv beeinflusst werden. Zu diesen Fragen hat Prof. Dr. Thomas Fetzer von der Universität Mannheim ein Gutachten angefertigt, das die Problematik der Förderung aus Auktionserlösen und das Verfahren insgesamt näher beleuchtet. Bereits im Frühjahr 2013 hatte der Rechtswissenschaftler die Rahmenbedingungen für die weitere Frequenznutzung näher beleuchtet.

Abseits von diesen grundsätzlichen und wichtigen Fragen geht es bei der bevorstehenden Frequenzvergabe aus unserer Sicht um folgende fünf Themen.

1. Ausreichend Spektrum verfügbar machen, künstliche Verknappung vermeiden

Die im Grundsatz im aktuellen Entscheidungsentwurf der Bundesnetzagentur vorgesehene Einbeziehung der 700 MHz-Frequenzen (Digitalen Dividende II) in die von der Bundesnetzagentur avisierte Frequenzauktion erhält von Wirtschaft und Politik breite Unterstützung. Allerdings sollten jedoch sämtliche zeitnah verfügbaren Frequenzen auf den Ausbau mobiler Breitbandnetze einzahlen. Insofern ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesnetzagentur den obersten 1800 MHz-Block (das so genannte „DECT-Guardband“) dem Mobilfunk auch zukünftig vollständig vorenthalten möchte, obwohl hinsichtlich dessen Verwendung für GSM-Sprachdienste keine technischen Bedenken bestehen und auch dessen Verwendung für die neueste Mobilfunktechnologie LTE möglich ist. Entsprechend zeigt ein EU-Vergleich, dass nahezu alle Nachbarländer Deutschlands den obersten 1800 MHz-Block bereits für den Mobilfunk nutzbar gemacht haben.

Um die deutschen Verbraucher nicht zu benachteiligen, sollte daher auch in Deutschland der oberste 1800 MHz-Block für den Mobilfunk verfügbar gemacht werden.

2. Vorzeitige Rückgabe von Frequenznutzungsrechten unverhältnismäßig

Die Bundesnetzagentur hat Telefónica nach der Prüfung des Zusammenschlusses mit E-Plus verpflichtet, bereits zum 31.12.2015 (statt 31.12.2016) alle genutzten 900 / 1800 MHz-Frequenzblöcke zu räumen, die im Rahmen der von ihr avisierten Frequenzauktion nicht zurückersteigert werden (s. BK1-13/002).

Dies bedeutet, dass Telefónica nach dem Ende der Frequenzauktion nur etwa ein halbes Jahr Zeit haben wird, um auf Basis der Auktionsergebnisse das eigene Netz umstrukturieren zu können. In anderen europäischen Ländern haben derartige Umstrukturierungen stets mehrere Jahre gedauert. Die Bundesnetzagentur sollte daher von der vorzeitigen Rückgabepflicht Abstand nehmen.

3. Frequenzreserve zur Aufrechterhaltung mobiler Sprachversorgung

Die Bundesnetzagentur hat den etablierten Mobilfunknetzbetreibern in ihrem Entscheidungsentwurf zur avisierten Frequenzauktion keinerlei Frequenzreserve eingeräumt, damit diese ihre GSM-Sprachdienste gesichert aufrechterhalten können. Es ist damit nicht mehr regulatorisch sichergestellt, dass es nach der Frequenzauktion mindestens drei flächendeckende Mobilfunknetze mit der bisher bekannten GSM-Sprachqualität geben wird.

Wenn man im Bereich der mobilen Sprachnutzung auch zukünftig den Wettbewerb von drei Mobilfunknetzbetreibern garantieren möchte, sollte die Bundesnetzagentur zur Aufrechterhaltung der bisherigen GSM-Sprachqualität daher pro Mobilfunknetzbetreiber eine Frequenzreserve von 2 x 10 MHz vorsehen, über deren Ausgestaltung der Netzbetreiber auf Basis seiner auslaufenden 900 / 1800 MHz-Frequenznutzungsrechte und davon abhängigen Netzstruktur frei entscheiden kann.

4. Versorgungsauflagen transparent darstellen

Versorgungsauflagen sind ein übliches Verfahren. Zu Recht stellt die Bundesregierung fest, dass der Ausbau von hochleistungsfähigen Mobilfunknetzen ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Breitbandausbau in Deutschland sein wird. Allerdings muss bei den für die Frequenzen bei 700 MHz diskutierten Auflagen aus europarechtlicher Sicht immer beachtet werden, dass derartige Versorgungsauflagen auf den räumlichen Umfang späterer Breitbandförderprogramme entscheidenden Einfluss haben können. Je umfangreicher die Versorgungsauflagen, desto geringer die Möglichkeiten für anschließende staatliche Breitbandförderprogramme!

5. Investitionsfördernde und wettbewerbsgerechte Zahlungsmodalitäten

In Wahrung des Äquivalenzprinzips darf die Zahlung für Frequenznutzungsrechte erst verlangt werden, wenn diese für den Nutzer auch tatsächlich verfügbar sind. Andernfalls würden die Nutzer auch mit hohen Kapitalbindungskosten belastet, die in der Folge die Investitionen in den Breitbandausbau in Deutschland bremsen.

Gerade bei den 700 MHz-Frequenzen, der so genannten Digitalen Dividende II, ist eine Zahlung in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzbarkeit geboten, weil nicht feststeht, wann dieser Bereich tatsächlich für den Mobilfunk nutzbar ist.

Einen positiven Beitrag zum Investitionsklima könnten auch Ratenzahlungsmodelle liefern, etwa entsprechend den geplanten Zahlungsmodalitäten des Bundes an die Länder. Diese können Kapitalbindungskosten der Erwerber reduzieren und zu einem schnelleren und effektiveren Breitbandausbau führen.

Die bevorstehende Frequenzvergabe wird auf all diese Fragen kluge Antworten finden müssen. Denn nur so wird gewährleistet, dass auch weiterhin in exzellente Netze ausreichend investiert wird.

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