Politik und Social Media: Ein Leitfaden

Veröffentlicht am 28.09.2012

Viele Politiker sind bereits in Social-Media-Kanälen aktiv – mit unterschiedlichem Erfolg. Auf der Social Media Week in Berlin spielte daher auch das Thema Politik und Social Media eine Rolle – mit interessanten Erkenntnissen für die Planung von Online-Kampagnen.

Likes in Social Media ≠ Wählerstimmen für die Politik

Ein Vortrag von Prof. Martin Emmer, FU Berlin, behandelte die zentrale Frage, warum Social-Media-Initiativen der Politik oftmals erfolgreich sind, manchmal aber kläglich scheitern. Eine wichtige Erkenntnis für die Politik und darüber hinaus ist, dass das alleinige Ansammeln von Likes und Followern in Social-Media-Kanälen keinen Erfolgsfaktor darstellt. Wenn einem Social-Media-User beispielsweise der Status einer Politikerin auf facebook gefällt, dann steckt dahinter häufig keine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema – und ein „Like“ bedeutet noch lange keine Wählerstimme bei der nächsten Bundestagswahl.

Social-Media-User als Player für die Politik

Vielmehr sollte die Politik darauf achten, über Social Media Multiplikatoren anzusprechen, die ihre Inhalte weitergeben und damit virale Effekte auslösen. Ohnehin nehmen User Empfehlungen ihrer Freunde ganz anders auf, da sie im Gegensatz zu Postings von Politik und Wirtschaft mehr Vertrauen wecken. Mit anderen Worten: Die Politik sollte Social-Media-Nutzer auf keinen Fall nur als Zielgruppe verstehen, die sie mit Informationen bespielt, sondern vielmehr als aktive Player, die politische Botschaften transportieren können. Der Faux-Pas von Mitt Romney, republikanischer Präsidentschaftskandidat, der 47 Prozent der Amerikaner als „Opfer“ bezeichnete, bekommt in diesem Zusammenhang noch eine ganz andere Facette: Romney diffamierte damit einen großen Teil der Social-Media-Nutzer und machte diese ungewollt zu Übermittlern einer weniger wahlkampftauglichen Botschaft.

Politik als Teil der Community in Social Media

Wie aber kann die Politik im Bereich Social Media punkten? Ein erster Ansatz mag trivial klingen, erscheint in der Praxis jedoch umso kritischer: Politik sollte sich zunächst grundlegende Gedanken darüber machen, welche Ziele man mit einer Präsenz in Social Media erreichen möchte. Möchte sie Social Media als reinen Distributionskanal nutzen, oder aber Teil der Community werden? Die Kommunikation mit dem Bürger in Social Media sollte dabei nicht als Gefahr sondern als Chance verstanden werden. Das heißt natürlich auch, dass Pressetexte in ihrem Stil und ihrer Länge an das Social-Media-Umfeld angepasst werden müssen. Weiterhin sollte man sich bereits im Vorfeld auf mögliche Kritikpunkte vorbereiten, um somit im Falle missgünstiger Kommentare adäquat und schnell reagieren zu können.

Die Politik als Social-Media-Entertainer

Ein schwieriger Punkt vor allem im Kontext von Social Media und Politik: Social-Media-User wollen immer auch zu einem gewissen Grad unterhalten werden. Die Crux in diesem Falle: Wie übermittle ich Inhalte, ohne zu langweilen? Eine Möglichkeit spielt in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines YouTube-Kanals mit kurzen, authentischen und emotionalen Clips, da visuelle Informationen stets mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als Texte, und sich darüber hinaus gut in weiteren Social-Media-Kanälen verbreiten können. Nicht vergessen sollten Politiker dabei jedoch, dass unsere Welt nicht entweder analog oder digital ist, sondern aus beiden Lebensbereichen besteht, wie SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück bereits im Rahmen des UdL Digital Talks feststellte: Online-Kampagnen sollten stets auch Offline-Elemente beinhalten – ohne diese hätte beispielsweise der ACTA-Protest wohl kaum so viel (Medien-)Resonanz hervorgerufen.

Praxisbeispiel aus der Politik: Das BMZ in Social-Media-Kanälen

Ein konkretes Social-Media-Beispiel aus der Politik lieferte Dr. Tobias Knobloch, der die facebook-Seite des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung redaktionell leitet und das Projekt auf der Social Media Week vorstellte. Das Ministerium startete als eine der ersten staatlichen Behörden im vergangenen Jahr eine Social-Media-Initiative und hat dafür eigens einen Bereich Internet und Social Media eingerichtet, der zwar mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums zusammenarbeitet, ansonsten aber von diesem losgekoppelt auftritt. Eine entscheidende Maßnahme für den Erfolg der Social-Media-Präsenz war für Knobloch, die Veröffentlichungen und Kommentare des Ministeriums auf facebook nicht mehr in jedem Falle vom Chef vom Dienst des Hauses prüfen lassen zu müssen – was die Reaktionszeiten deutlich verkürzt und die Prozesse der Politik damit den Bedürfnissen von Social Media anpasst. Das Ministerium setzt zudem auf eine koordinierte Content-Strategie, die mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums abgesprochen wird, anstatt die verschiedenen Social-Media-Kanäle mit Gelegenheitspostings zu bespielen.

Fazit: Social Media als Chance für die Politik

Zusammenfassend: Politik sollte Social Media als Dialogplattform verstehen und interaktiv mit den Usern in Kontakt treten, um diese als Social Player zu gewinnen und Teil ihrer persönlichen Netzwerke zu werden. Dabei sollten verschiedene Social-Media-Kanäle genutzt werden. Politische Inhalte sollten unterhalten und damit verschiedene, auch visuelle Medien nutzen, um ein wahrhaftiges Infotainment mit Mehrwert für User und Politik zu generieren. Wichtig aber auch: Auch die beste Social-Media-Kampagne nützt nichts, wenn sie nicht auch offline bekannt ist und analog ihre Wellen schlägt – Social-Media-Initiativen ergänzen die herkömmliche Öffentlichkeitsarbeit, ersetzen diese jedoch nicht.

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