Payment-Systeme: Bezahlen im Vorbeigehen – ist die Bargeld Ära zu Ende?

Foto: CC0 1.0, Pixabay / mohamed_hassan / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 20.05.2019

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„Nur Bares ist Wahres“ – das schien in Deutschland lange der Trend. Doch nun zeigt eine Studie des EHI Retail Institute: Die Vorliebe der Deutschen für Bargeld schwindet. Der Umsatzanteil von Kartenzahlungen liegt erstmals vor dem des Bargeldes. 209,2 Mrd. Euro und damit 12,4 Mrd. Euro mehr als im Vorjahr hat der deutsche Einzelhandel 2018 laut der Studie per Karte umgesetzt. Das entspreche einem Anteil von 48,6 Prozent. Bargeld habe damit 1,7 Prozentpunkte verloren und liege nun mit 48,3 Prozent knapp dahinter. Größter Verlierer im Ranking der Zahlungsarten ist das SEPA-Lastschrift-Verfahren. Auch Telefónica Deutschland bietet bereits ein vollwertiges Girokonto mit umfangreichen Bezahlfunktionen als Smartphone-App an: O2 Banking. Ist das Ende von Münzen und Scheinen also schon in Sicht?

Warum wir mehr mit Karte zahlen

Einen entscheidenden Grund für die aktuelle Entwicklung sieht der Leiter des Forschungsbereichs Zahlungssysteme beim EHI, Horst Rüter, in der kontaktlosen Bezahlmöglichkeit:

„Das schnelle Bezahlen – kontaktlos oder auch mobil – kommt beim Kunden besser an als es viele Experten erwartet haben.“

Gerade bei kleineren Beträgen wird die sogenannte Near Field Communication (NFC) gerne genutzt. Sie ermöglicht den Verbrauchern das Bezahlen ohne eine PIN-Eingabe und ohne die Karte aus der Hand geben zu müssen. Die Umfrage des EHI zeigt, dass sich die Entwicklung der bargeldlosen Bezahlung fortsetzen dürfte. Denn auch Händler sehen den Erfolg der einfachen Bezahlmethode und wollen davon profitieren. So planen 44,8 Prozent Investitionen in die Payment-Infrastruktur. Im Jahr zuvor gaben das nur 33,8 Prozent der befragten Einzelhändler an. Im Fokus der Investitionsmaßnahmen steht die Nachrüstung auf den kontaktlosen NFC-Standard.

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Naturgemäß geht es auch im Koalitionsvertrag um Geld. Zur bargeldlosen Zahlung findet sich aber außer der Förderung elektronischer, bargeldloser Tickets (eTicket) im ÖPNV nicht viel. Die Blockchain-Strategie, welche laut Koalitionsvertrag die „Möglichkeiten der bargeldlosen Zahlung im digitalen Zeitalter erweitert“, könnte da schon mehr Inhalt zu bargeldloser Zahlung vermuten lassen. Denn gerade die technologischen Kernleistungen der Blockchain, Transaktionen durch kryptografische Verfahren abzusichern, kämen dem Finanzsektor entgegen. Denn Blockchain-basierte Zahlungssysteme würden eine mühe- und vor allem bargeldlose Abwicklung von Zahlungshergängen ermöglichen. Bundesverbraucherministerin Katarina Barley betont die Vorteile digitaler Bezahlmethoden, forderte aber die Anbieter mobiler Bezahldienste dazu auf, die Risiken in Bezug auf Privatsphäre und Datensicherheit von Anfang an mitzudenken:

„Verbraucherinnen und Verbraucher werden neue Bezahlmethoden erst akzeptieren, wenn sie ihnen vertrauen und das Bezahlen damit gleichzeitig unkompliziert möglich ist“,

gibt sich die Ministerin überzeugt.

Der Wettlauf ums mobile Bezahlen

Nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom ist kontaktloses Bezahlen zwar grundsätzlich sicher und nicht risikoreicher als herkömmliche Kartenzahlungen, dennoch müsse es darum gehen, das digitale Bezahlen für alle so komfortabel und sicher wie möglich zu machen. In einer repräsentativen Umfrage fand Bitkom heraus, dass bereits 44 Prozent der Bundesbürger komplett auf Bargeld verzichten, fast jeder dritte Bundesbürger schon per Smartphone oder Smartwatch mobil bezahlt. Für die meisten sei die Zeitersparnis – zum Beispiel an der Supermarktkasse – der größter Pluspunkt beim Mobile Payment.

„Schon bald werden sich auch bei uns digitale Bezahlformen durchsetzen“,

prognostiziert Bitkom-Präsident Achim Berg.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen derzeit sicherlich die neuen digitalen Bezahldienste „Apple Pay“ und „Google Pay“. Mithilfe der neuen Applikationen wird selbst das Zahlen mit Karte hinfällig: Der Kunde führt im Laden sein Smartphone in die Nähe des Zahlungsterminals und startet den Zahlungsvorgang, dessen Erfolg durch ein optisches oder akustisches Signal quittiert wird.

Selbst die britische Regierung akzeptiert seit neuestem Zahlungen über die beiden Dienste. In Konkurrenz zu den Lösungen der beiden US-Giganten hatten die Sparkasse und die VR-Banken im Sommer letzten Jahres eigene Banking-Apps an den Start gebracht, die momentan jedoch nur für die Nutzer von Smartphones mit Android zur Verfügung stehen. Eine App für Händler gibt es auch: „VR-pay:Me“ ist bisher die einzige App für Kartenzahlungen, die nicht nur Kreditkarte, sondern auch das beliebteste deutsche Bezahlverfahren – Girocard – unterstützt. Damit ist die App die erste deutsche Alternative zu den Bezahllösungen „iZettle“ und „SumUp“.

Schweden ist Europas Vorreiter in Sachen Bargeldloser Zahlung

Im internationalen Vergleich liegt Schweden in Sachen digitale Währung weit vorn. Die digitale E-Krone könnte bald Realität werden. Schon vor über dreihundert Jahren war Schweden in Sachen Währung ein Vorreiter. Die Banknote trat von hier ihren weltweiten Siegeszug an. In Kirchen spenden die Schweden die Kollekte mittlerweile nur noch via Automat und so manche Parkuhren verweigern die Münzenannahme. Bereits 2012 schlossen sich sieben schwedische Banken zusammen und brachten die App „Swish“ auf den Markt, mit der in wenigen Sekunden Überweisungen getätigt werden können. Für eine Transaktion mit Swish ist lediglich die Mobilnummer des Empfängers nötig, um den Betrag in Echtzeit auf das verbundene Konto zu überweisen. Dass es in Deutschland noch eine Weile dauern könnte bis die bargeldlose Epoche angebrochen ist, zeigt die Petition „Rettet unser Bargeld!“, für die sich unter anderem Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht einsetzt.

„Ohne Bargeld ist der Kleinsparer den Banken völlig ausgeliefert“,

so Wagenknecht. Aber auch die FDP sieht im Bargeld mehr als eine schnöde Bezahlmethode. Aus Sicht der Freien Demokraten ist es vielmehr „geprägte Freiheit“.

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