Online-Datenschutzbelange und Rechtssicherheit aus Nutzer-Sicht

Veröffentlicht am 14.02.2013

Autor: Paula Kift
Dank des Internets hat eine große und wachsende Netzgesellschaft Zugang zu einer unvorstellbaren Menge an Nachrichten und Informationen. Wenngleich wir die zunehmende Demokratisierung des Wissens als eine sicherlich löbliche Folge des World Wide Webs betrachten können, haben der beispiellose Austausch sowie die Verteilung und Speicherung von Daten auch neue legale Herausforderungen zur Folge, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz.

Um herauszufinden, inwiefern Nutzer bei ihrem Surfverhalten über Datenschutzfragen informiert sind und diese berücksichtigen, haben wir zwischen dem 9. und 10. August 2012 eine Online-Umfrage mit 553 Studenten und Angestellten der Humboldt Universität zu Berlin durchgeführt. Folgende Themen waren dabei für uns von besonderem Interesse: (1) worauf sich die Datenschutzbedenken der Studienteilnehmer bei ihrer Internet- und Facebook-Nutzung konkret richteten, (2) welche Meinungen und Einstellungen sie zur Rechtssicherheit vertraten und (3) ob sie bereit waren, selbst eine aktive Rolle in ihrem Datenschutz zu übernehmen.

Wie wichtig ist den Nutzern ihr Datenschutz?

Um der Frage nachzugehen, wie wichtig den Nutzern Datenschutzbelange sind, haben wir die folgenden offenen Fragen gestellt: „Machen Sie sich bei Ihrer Internet- / Facebook-Nutzung Sorgen über Ihre Privatsphäre / den Schutz Ihrer Daten? Wenn ja, worüber machen Sie sich Sorgen? Wenn nicht, warum nicht?“

Mit Hinblick auf die Art der Daten scheinen Nutzer sich besonders um den Missbrauch ihrer persönlichen Daten zu sorgen, wie zum Beispiel Name, Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum und Fotos. Die Angst vor Diebstahl von Passwörtern oder sensiblen Bankdaten wurde hingegen weniger oft erwähnt.

In der Besprechung der verschiedenen Bedrohungstypen konnten die Teilnehmer ihre genauen Bedenken oft nur vage umschreiben. Dementsprechend wurde die allgemeine Kategorie Datenmissbrauch auch am häufigsten in Bezug auf die Internetnutzung erwähnt (21,3 Prozent). Anscheinend bereitet es nicht nur politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern Probleme, die Begriffe „Privatsphäre“ und „Datenschutz“ hinreichend zu definieren; auch die Nutzer selbst geraten bei der genauen Beschreibung dessen, was sie für ihre persönlichen Daten als bedrohlich empfinden, in Verlegenheit.

Größte empfundene Bedrohungsquelle: Marketingagenturen

Was die verschiedenen Bedrohungsquellen bei der Internetnutzung betrifft, so erwiesen sich die Marketingagenturen als die am meisten genannte Kategorie (19,6 Prozent), gefolgt von Hackern und Kriminellen (9,4 Prozent) und Dritten (7,9 Prozent). Nur wenige Teilnehmer empfanden den Staat / die Regierung (4,9 Prozent) als besonders bedrohlich für ihre Privatsphäre im Internet. Hinsichtlich der Facebook-Nutzung hingegen wurden sowohl Facebook selbst als auch die Marketingagenturen als die größten Bedrohungsquellen angesehen (jeweils 17,2 Prozent und 11,0 Prozent). Interessanterweise wurden der Staat / die Regierung nur von mageren 0,7 Prozent als potenziell bedrohlich für ihre Privatsphäre auf Facebook angesehen.

Gefühl von Unwohlsein bleibt vage

Die Teilnehmer unserer Studie äußerten sich besonders häufig zum Stand der Kontrolle, die die Nutzer über ihre eigenen Daten haben – oder auch nicht. Hierbei wurden insbesondere der empfundene Kontrollverlust (18,3 Prozent) und der Verlust der Privatsphäre (9,1 Prozent) bemängelt. Dies könnte als Indiz dafür verstanden werden, dass den Auskunftgebenden oft konkrete Bezugspunkte fehlten, auf die sie ihre Bedenken hätten basieren können. Stattdessen wird ein vages Gefühl von Unwohlsein umschrieben. Was Facebook betrifft, so konnten die Studienteilnehmer aber konkretere Beispiele des Kontrollverlusts geben, wie zum Beispiel die Unfähigkeit, die auf Facebook preisgegebenen Daten wieder definitiv zu löschen (8,3 Prozent), sowie die dementsprechende Langlebigkeit der Informationen, die sie teilen (9,0 Prozent).

Inwieweit helfen Recht und Gesetz?

Da Nutzer weitreichende Bedenken bezüglich des Schutzes ihrer Privatsphäre bei ihrer Internet- und Facebook-Nutzung äußern, interessierte uns natürlich, inwiefern sie sich durch die bestehenden Gesetze und ihre Anwendung effektiv geschützt sahen. Alles in allem schienen sich nur wenige der Befragten auf die existierende Rechtslage zu verlassen. Eine überwältigende Mehrheit befand, dass die gegebene Rechtslage absolut keinen oder kaum Schutz für ihre persönlichen Daten auf Facebook und im Internet bot (82 Prozent und 72 Prozent). Als einer der Hauptgründe hierfür wurde die „Unfähigkeit der Gesetze, alles abzudecken“ bei der Internet- (36 Prozent) und Facebook-Nutzung (25 Prozent) genannt. Dies hängt auch damit zusammen, dass „das Gesetz der technologischen Entwicklung hinterherhinkt“ (17 Prozent / 8 Prozent der Antworten zur Internet- / Facebook-Nutzung) und dass Gesetze nur lokal bindend sind (17 Prozent / 28 Prozent der Antworten zur Internet- / Facebook-Nutzung).

Nutzer glauben, ihre Rechte zu kennen

Interessanterweise wurde bei der Frage, warum Facebook sich der deutschen Gesetzesbindung entziehen könne, am drittmeisten das Argument genannt, dass  „Facebook zu viel Macht“ hätte. Überraschenderweise gaben nur jeweils 9 Prozent und 7 Prozent der Internet- und Facebook-Nutzer an, die Rechtslage nicht genügend zu kennen, um die Frage richtig beantworten zu können. Anscheinend glaubten die Befragten, ein gewisses Verständnis der Rechtslage zu ihrem Datenschutz zu haben. Wir können allerdings nicht ausschließen, dass sich die Befragten in dieser Annahme irren.

Reagieren Nutzer auf eine effektivere Rechtslage?

Wir haben die Teilnehmer unserer Studie abschließend gefragt, ob eine Verschärfung der Rechtslage ihr Netzverhalten beeinflussen würde. Eine überwältigende Mehrheit (83 Prozent) der Befragten verneinte dies. Nachdem Facebook und andere soziale Netzwerke nun schon über acht Jahre auf dem Markt sind, haben die Internetnutzer wohl persönliche Datenschutzstrategien entwickelt. Unsere Ergebnisse deuten zumindest darauf hin, dass eine Verstärkung der Datenschutzgesetze nur wenig Einfluss auf das Netzverhalten der Nutzer hätte.

Fazit: Datenschutz ist Nutzern wichtig, bleibt aber diffus

Unsere Studie zu online Datenschutzbedenken und den Stand der Rechtssicherheit aus Sicht der Nutzer, die auf den Antworten von 553 Befragten an einer zentralen deutschen Universität basiert, zeigt, dass sich Internet- und Facebook-Nutzer zwar um den Schutz ihrer Daten und ihrer Privatsphäre Sorgen machen, gleichwohl aber ihre Bedenken nicht auf den Punkt bringen können. Die Befragten unserer Studie befinden die momentane Rechtlage in Deutschland als unzureichend für den Schutz ihrer Daten, zum einen wegen der nur jeweils nationalen Wirksamkeit der Datenschutzgesetze, zum anderen wegen der Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts. Gleichzeitig deuten sie an, dass eine Verstärkung des Rechtsschutzes nur wenig Einfluss auf ihr Netzverhalten haben würde. Es scheint, als ob die Internet- und Facebook-Nutzer mittlerweile ihre eigenen Strategien zum Schutz und Management ihrer Daten entwickelt hätten.

Einschränkungen: Unsere vorläufigen Ergebnisse basieren auf einer Befragung hauptsächlich deutscher StudentInnen. Zukünftige Studien könnten auf Teilnehmer mit anderen Bildungshintergründen oder kulturellen Milieus sowie aus unterschiedlichen Altersgruppen ausgeweitet werden, um einen repräsentativeren Eindruck zu gewinnen.

Dieser Forschungsartikel wurde von dem Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) als Teil der Vorbereitungen der Konferenz „Datenschutz im 21. Jahrhundert: Spielregeln für die Informationsgesellschaft“. Die Konferenz fand am 17. und 18. Oktober 2012 in Berlin statt und wurde vom Bundesministerium des Innern und dem HIIG organisiert.

Die E-Plus Gruppe unterstützt das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft beim Aufbau einer Plattform zu Fragen der Internet-Regulierung. Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen dieser Kooperation auf UdL Digital.

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