DIVSI: Die Big Data-Revolution gestalten

Foto: CC-By 2.0 Flickr User KamiPhuc. Bildname: Big_Data_Prob / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 11.02.2016

Bei Big Data liegen Hoffnung und Furcht ganz nah beieinander. Um die Argumente, die beide Seiten in die Diskussion einbringen in einem gesellschaftlichen Konsens aufzulösen, diskutiert das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) bereits seit 2013 die Frage „Braucht Deutschland einen Digitalen Kodex?“. Erste Antwort auf diese konkrete Frage gibt es bereits, mit dem nun laufenden Big Data-Projekt will das von der Deutschen Post finanzierte Institut einen Schritt weitergehen und Wege aufzeigen, wie ein konkreter Ausgleich der Interessen möglich werden kann.

Zwei Seiten der schönen neuen Welt

Konkret greifbar sind die Chancen, die die Auswertung von großen Datenmengen bietet bereits in den Bereichen Smart Mobility und Smart Health. Ein Auto, das bei einem Unfall Hilfe ruft, oder die Fitness-Analyse durch Wearables ist technisch bereits umgesetzt und wird von vielen Nutzern als Chance empfunden. Doch was ist mit den Risiken? Autoversicherungen die tracken wie und wann man fährt, Krankenkassen die den Tarif erhöhen, wenn man nicht täglich 10.000 Schritte zurücklegt?

Um den Leser abzuholen, arbeiten die Digital-Experten von irights.Lab, die den Bericht im Auftrag des DIVSI erstellt haben, mit Szenarien, die eingänglich die zwei Seiten der schönen neuen Welt vorstellen. Auf der einen Seite steht das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle und auf der anderen Seite die Ohnmacht gegenüber den Aggregatoren und Algorithmen, die den Rahmen für unser Handeln setzen können. Nachdem man sich vom ersten Schreck erholt hat, schlüsselt der Bericht ganz sachlich auf, wie bestimmte Techniken funktionieren, welche Interessen die Stakeholder haben und welche Chancen und Risiken mit der Anwendung der Technik verbunden sind. Am Ende werden schließlich die konkreten Herausforderungen für die Gesellschaft benannt.

Im „Anwendungsfall Autoversicherung“ profitiert beispielsweise der Autofahrer, weil er Kosten sparen kann, wenn er sich einen umsichtigen und defensiven Fahrstil angewöhnt. Ein solches Fahrverhalten käme auch dem Allgemeinwohl zugute, da es zu weniger Unfällen führen und die Umwelt durch einen niedrigeren Benzinverbrauch geschont würde. Zum Problem wird die Datenerhebung nach Meinung von irights.Lab, wenn nicht mehr garantiert werden kann, dass die Daten ausschließlich für den Versicherungsdienst verwendet werden. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat beispielsweise das Vertrauen der Öffentlichkeit verspielt, als er während der Koalitionsverhandlungen im Herbst 2013 vorschlug Ermittlern Zugang zu Datensätzen aus dem Mautsystem zu geben.

Big Data
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Alles was man für die Big Data-Diskussion wissen muss

Auf über 100 Seiten bringen die Autoren alles zusammen, was man für die Big Data-Diskussion in einer digitalen Gesellschaft braucht: Interviews mit den entscheidenden Köpfen – von Andrea Voßhoff über Marit Hansen bis hin zu Karl Max Einhäupl – geben einen Überblick über Standpunkte und Forderungen ganz unterschiedlicher Akteure. Veranstaltungsberichte von den beiden öffentlichen Veranstaltungen, die seit Beginn des Big-Data-Projektes im September 2014 durchgeführt wurden, vermitteln die praktischen Fragen, die Industrie und Politik derzeit ausdiskutieren. Und dazwischen werden ausführlich die beiden Themen „Smart Mobility“ und „Smart Health“ beleuchtet.

Für alle, die es ganz genau wissen wollen, bietet der „Annex“ noch einmal ein Übersichtspapier, das auf 15 Seiten alle Überlegungen noch einmal zusammenfasst.

Dabei erfährt der interessierte (jüngere) Leser auch, dass man in Deutschland schon vor dreißig Jahren eine Big Data-Diskussion geführt hat. Die für 1983 festgesetzte Volkszählung wurde vom Bundesverfassungsgericht aufgrund datenschutzrechtlicher Fragen untersagt und erst drei Jahre später modifiziert durchgeführt. Das Gericht sah damals die „Informationelle Selbstbestimmung“ nicht gewährleistet und legte mit seinem Urteil das Fundament für die heutigen Datenschutzbestimmungen.

Die Zusammenfassung vermittelt aber nicht nur historisches Wissen, sondern auch technisches. Sie klärt über die Bedeutung der „drei Vs“ – Volumen, Velocity und Varietät – sowie die mathematischen Grundlagen auf und beschreibt anschließend Potenziale und Herausforderungen, die auf einen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess warten. Spannend ist die Erkenntnis, dass die öffentliche Debatte zum einen dann stattfindet, wenn deutlich wird, dass bestimmte Datenbestände anfallen oder wenn die Auswertungsmöglichkeiten konkrete Formen annehmen. Wie diese Aushandlungsprozesse konkret ausgestaltet werden könnten, muss jedoch ebenfalls erst verhandelt werden. Leitfragen auf dem Weg dahin, stehen am Ende der Auswertung.

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