Digital unsterblich: Der Mensch von Morgen?

Veröffentlicht am 03.04.2017
Anatomie vor Big Data; Leonardo da Vinci, Homme Vitruve

Ambrosia“ heißt in der griechischen Mythologie die Speise der Götter, die ihnen ewiges Leben schenkt. Es ist eines der ältesten Themen der Menschheit: die Unsterblichkeit. Poetisch sind die Vorstellungen von Jungbrunnen oder Lebenselixieren der Vergangenheit, konnte Homer doch beim besten Willen nicht ahnen, dass die Zauberworte der Unsterblichkeit im digitalen Zeitalter „Big Data“, „Künstliche Intelligenz“ oder „Nanotechnologie“ heißen würden. Denn heute bleibt es beim Wunsch nach Unsterblichkeit längst nicht mehr bei Mythen und Science Fiction.

 

Geschäft mit der Unsterblichkeit

Krebs „zu lösen“ sei ein kleiner wichtiger Schritt, verkündete Larry Page im Jahr 2013. Langfristig ist der Google-Gründer aber noch ehrgeiziger, denn das in jenem Jahr gegründete Biotechnologieunternehmen California Life Company, kurz „Calico“, soll den Tod überwinden. Die Forscher von Calico im Silicon Valley wollen Mittel gegen den Alterungsprozess finden – was sie genau tun, ist bis dato allerdings ein Geheimnis. Wer jedoch bei Anti-Aging an Gesichtscreme denkt, ist auf dem Holzweg.

Hochtechnologisch geht es in der millionenschweren Industrie zu und Google wird dabei auch auf das setzen, was es am besten kann: Big Data. Durch die Partnerschaft mit Ancestry, einer Website, bei der Amerikaner ihre Familienstammbäume sowie medizinische und genetische Daten eingeben, bekommt Calico Zugang zu mehr als einer Million anonymisierten DNA-Informationen. Larry Page ist in Silicon Valley in guter Gesellschaft von Milliardären, die ebenfalls in die Unsterblichkeit investieren, Facebooks Mark Zuckerberg oder Pay-Pal-Gründer Peter Thiel zum Beispiel.

Besser als der Körper

Körperoptimierung für das ewige Leben versprechen sich manche von intelligenter Technik. Dem Traum vom Roboterkörper näher kommen sogenannte Cyborgs, bei denen Technik mit Körper verschmilzt. Der Roboterarm von Johnny Matheny ist mit Sensoren über einem Chip am Ende des Knochens seines menschlichen Oberarms verbunden. Forscher der John Hopkins University schafften es letztes Jahr, den künstlichen Arm direkt mit Mathenys Gehirn zu verbinden, sodass dieser einzelne Finger bewegen und einen Ball greifen konnte. Und auch in Deutschland gibt es seit 2013 einen Cyborg Verein in Berlin.

Ähnliche Hoffnungen, den Körper unsterblich zu machen gibt es in der Nanotechnologie. Mikroskopisch kleine Bots sollen in unserem Körper Krankheiten überwachen und heilen. Soweit ist es noch nicht, aber einige Forscher arbeiten daran, so auch in Stuttgart am Max Planck Institut. Im Zuge der Krebsforschung entwickelten sie 2014 ihre ersten Prototypen. „Die Nanoschraube“ beispielsweise ist ein Minirroboter in der Form eines Korkenziehers, der sich durch Rotation in Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten fortbewegt. In der Zukunft sollen sie Krebszellen zerstören, Gentherapie vornehmen oder Medizin verabreichen.

ViagenEine weitere Unsterblichkeitsstrategie ist der Klon. Einen gesamten Menschen zu klonen funktioniert noch nicht und stößt vor allem an ethische Grenzen, aber technisch möglich wäre es wohl irgendwann. In den USA können wohlhabende Besitzer immerhin schon ihre verstorbene Lieblingskatze klonen lassen, zum Beispiel für 25.000 US-Dollar bei dem Unternehmen Viagen. Und dort ist auch das therapeutische Klonen schon gängige Praxis. Hierbei nutzen Forscher Stammzellen um daraus Organe oder Gewebe zu züchten.

Das Gehirn in der Cloud

Aber auch dem vollständig geklonten Menschen würde etwas Entscheidendes fehlen: das Bewusstsein seines Vorgängers. Ein erster Schritt dahin ist zum Beispiel der Roboter „Bina48“, der aus der Gedankenwelt von Bina Aspen besteht und auch so aussieht wie die verstorbene Ehefrau des Gründers Martine Rothblatt. Binas Gedächtnis basiert derzeit auf Big Data. Wie beim digitalen Erbe wurden Bilder oder Chats der realen Bina auf die von Terasem Movement entwickelte Software „Mindware“ gespielt. Bina48 kombiniert die Datenmengen und entwickelt sich dank künstlicher Intelligenz weiter.

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Noch ehrgeiziger sind Wissenschaftler in der Neuorologie, die nicht nur Informationen, sondern das gesamte Gehirn auf einen Computer laden wollen. Das Ziel von Neurologe Dr. Ken Hayworth ist es, Erinnerungen, Emotionen und die Persönlichkeit in Bytes zu überführen. Stichwort hier ist die Konnektomik, die Art wie sich Neuronen vernetzen. Der Wissenschaftler möchte mit Hilfe höchster Auflösung synaptische Verbindungen verstehen, um deren Aktivität zum Beispiel zu einer Erinnerung in Codes umzuwandeln. Das Gehirn wird simuliert und soll damit auch das Bewusstsein einfangen. Neurowissenschaftler Randel Koehene formuliert das so:

„Wenn du deine Umgebung, deinen Charakter und deinen Körper wahrnimmst, dann ist das eine Erfahrung. Eine Erfahrung ist ein Mechanismus—eine Verarbeitung in deinem Gehirn. Wenn man nun also eine Kopie dieser Verarbeitung anfertigt, dann wird da meiner Meinung nach auch die Eigenwahrnehmung enthalten sein.“

Ganz „cool“ aufs ewige Leben warten

Bis ein sicheres Verfahren für die Unsterblichkeit gefunden wird, könnte es für manche Interessenten zu spät sein. Der ehemalige Gerontologie-Professor Klaus Sames aus Baden-Württemberg richtet sich daher darauf ein, 200 Jahre und mehr zu überbrücken. Die Technik dafür heißt Kryonik. Hierbei wird das gesamte Blut im Körper ausgelassen und mit Frostschutzmittel ersetzt. Seit Jahren befasst sich der fast 78-jährige mit den Vorbereitungen, hat Experten um sich geschart und kooperiert mit der Universität Ulm, damit alles klappt, wenn es soweit ist.

Ist Samens Tod, muss es schnell gehen und ein paar Eimer Eiswürfel bereit sein um den Körper von außen zu frieren. Dann kommen Schläuche in seinen Körper um sein Blut zu leeren und schließlich mit Frostschutzmittel zu ersetzen. Danach geht die Reise erst los: Mit dem Flugzeug nach Detroit, wo Samens beim Cryonics Institut einen Tank reserviert hat. Für 37.000 US-Dollar wird er dann bei -196 Grad neben derzeit 150 anderen Eingefrorenen gelagert. Viele Wissenschaftler sind skeptisch. Ob Kryonik tatsächlich das Ambrosia der Wohlhabenden ist, bleibt ebenfalls abzuwarten.

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