Bundesregierung hält Videostreams für urheberrechtlich zulässig

Veröffentlicht am 13.01.2014

Mitte Dezember 2013 hatte die Bundestagsfraktion der Linken eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, die sich nach Konsequenzen aus der Abmahnwelle gegen Nutzer eines Videostream-Portals erkundigte. Wegen Urheberrechtsverletzungen wurden die Nutzer zu einer Zahlung von 250 Euro aufgefordert. Allerdings ist die Frage rechtlich umstritten, ob das reine Betrachten eines Videostreams eine urheberrechtsrelevante Vervielfältigung ist. Die Antwort der Bundesregierung, erstellt vom Bundesjustizministerium, liegt nun vor.

Der EuGH soll entscheiden

Die Art der Vervielfältigung, die beim Betrachten eines Videostreams erfolgt, hält die Bundesregierung unter Voraussetzung der „Privatkopie-Schranke“ für zulässig. Generell obliegt es dem Rechtsinhaber „zu beweisen, dass die vervielfältigte Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht worden ist“. Demnach „hält die Bundesregierung das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung“. Allerdings sei die Nutzung von Streaming-Angeboten, welche die Rechte von Urhebern oder Leistungsschutzberechigten verletzt, „bislang noch nicht durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt worden“. Dies müsse vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden werden, so die Antwort.

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Auf die Frage, ob die Bundesregierung den Bedarf sehe, dies rechtlich verbindlich zu regeln, antwortet die Bundesregierung nur indirekt, dass sie das Urheberrecht „den Erfordernissen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters anpassen und dabei die digitalen Nutzungspraktiken berücksichtigen“ wolle und verweist auf die derzeit laufende Prüfung durch die Europäische Kommission.

Vorerst keine Gesetzesänderung

Im Hinblick auf die von der Linken angesprochenen Abmahnungen von RedTube-Nutzern durch die Anwaltskanzlei U+C, verwies die Bundesregierung darauf, dass sie grundsätzlich keine Einzelfälle beurteile. Ferner verfüge sie über keine Hinweise, wie die IP-Adressen der betroffenen Nutzer ermittelt worden seien, so die Bundesregierung. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das erst im Oktober 2013 in Kraft getreten war und den Bereich der urheberrechtlichen Abmahnungen regelt, soll nach Angaben der Bundesregierung im Jahr 2015 evaluiert werden, um möglichen Änderungsbedarf festzustellen.

Die Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak äußerte sich enttäuscht über die Antwort. Vor allem kritisiert sie die Auskunft, dass die Bundesregierung keine gesetzgeberische Klarheit schaffen wolle, sondern auf den Europäischen Gerichtshof verweist. Auch hinsichtlich der Beschaffung der IP-Adressen hatte sie sich mehr Aufklärung gewünscht, da ihre Partei diesen Vorgang für rechtlich fragwürdig hielt.

Position:

Halina Wawzyniak MdB, Netzpolitikerin der Fraktion Die Linke

„Nun muss sich aber der Gesetzgeber bei der Schaffung des UrhG etwas gedacht haben. Und wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, es handelt sich nicht um eine Urheberrechtsverletzung, dann kann sie doch gesetzgeberisch Klarheit schaffen. Doch die Antworten auf die Fragen 2 und 7 machen deutlich, die Klarstellung, dass Streaming keine Vervielfältigung ist und damit keine Urheberrechtsverletzung darstellt, will die Bundesregierung nicht vornehmen. Für Urheber/innen ebenso wie für Nutzer/innen bleibt damit Unsicherheit.“

(Blog Wawzyniak, 07.01.2014 http://goo.gl/fXBiJv)

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital und ist Teil der aktuellen Ausgabe zur Netzpolitik. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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