Made in Germany: Deutschlands innovativer Süden

Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | bearbeitet
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Veröffentlicht am 24.09.2020

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Wie innovativ ist Deutschland im 21. Jahrhundert? Wo liegen hierzulande Potenziale für Innovationen und welche Schwerpunkte werden in puncto Technologie- und Innovationsförderung gesetzt? Diese Fragen stehen im Fokus unserer vierteiligen Serie „Made in Germany“. Im zweiten Teil nehmen wir Deutschlands Süden unter die Lupe.

Wo befinden sich Deutschlands Regionen mit der höchsten Innovationskraft? Aufschluss darüber bietet der Innovationsatlas 2017 des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Demnach gibt es insbesondere in Baden-Württemberg und Bayern eine Konzentration hoch innovativer Regionen. Hervorgehoben werden dabei noch die Wirtschaftsräume Stuttgart und München. Die beiden großen Flächenländer im Süden der Republik gelten gemeinhin als wirtschaftliche Lokomotive des Landes und erwirtschaften gemeinsam ein Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Aber wie steht es um die digitale Wirtschaft und Innovationen im Süden und welche Akzente setzen die beiden Landesregierungen bei ihrer Technologieförderung?

Das Ökosystem Bayern

Bayern fokussiert sich im Rahmen seiner Clusterpolitik unter anderem auf Megatrends wie Mobilität, Digitalisierung, Life Science und Gesundheit. Seine Innovationspolitik flankiert der Freistaat mit der 2019 aufgelegten „Hightech-Agenda Bayern“ (HTA). Gestartet als zwei Milliarden Euro schwere Technologieoffensive, hat sich das Investitionsvolumen jüngst auf insgesamt dreieinhalb Milliarden erhöht. Erklärtes Ziel der Agenda ist der Aufbau eines Netzwerks für Spitzenforschung im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) und weiterer Zukunftstechnologien – dazu zählen „SuperTech“ wie Quantentechnologie oder Innovationen für den Klimaschutz (CleanTech). Die HTA sieht in ihrer neuesten Fassung auch eine bayerische 6G-Initiative vor. Bereits im kommenden Jahr soll in Bayern mit der Grundlagenforschung zum Mobilfunkstandard der nächsten Generation begonnen werden. Mit dem Ziel, den Freistaat zum Schwergewicht in der KI-Forschung zu entwickeln, sind im Rahmen der HTA 100 neue KI-Lehrstühle vorgesehen. Das bayerische KI-Forschungsnetzwerk widmet sich dabei schwerpunktmäßig vier Bereichen: Intelligente Robotik, Mobilität, Gesundheit und Data Science.

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Foto: shutterstock / grop

Der Großraum München zählt zu den bedeutendsten Innovationsstandorten in Europa und ist nach Berlin der Standort mit den zweitmeisten Start-up-Gründungen in Deutschland. Die bayerische Landeshauptstadt zeichnet sich auch durch eine sehr hohe Dichte an Forschungseinrichtungen aus. Mit Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft sowie der Max-Planck-Gesellschaft ist die deutsche Spitzenforschung vor Ort vertreten. München beheimatet zusätzlich eines der bundesweit vier Kompetenzzentren für Maschinelles Lernen (ML).

Wie fruchtbar das Münchner Ökosystem ist, beweist vor allem der Tech-Hub UnternehmerTUM: Mit jährlich mehreren wachstumsstarken Technologie-Gründungen ist dieses Gründer- und Innovationszentrum der Technischen Universität München führend in Europa. Zu den Kompetenzfeldern der Metropolregion zählen neben Künstlicher Intelligenz unter anderem Mobilität und Versicherungstechnologien (InsurTech). Diese bilden auch die zwei thematischen Schwerpunkte des vom BMWi geförderten Münchner Digital Hubs. Das derzeit wohl bekannteste Technologie-Startup aus der Region ist Lilium. Erklärtes Ziel des E-Flugtaxi-Herstellers sind vollelektrische Mini-Flugzeuge, die Städte vom Straßenverkehr befreien (Urban Air Mobility) – eine Revolution in Sachen Mobilität.

An der Digitalisierung des Gesundheitssektors und intelligenter Robotik wird wiederum in der Metropolregion Nürnberg/Erlangen gearbeitet. Das sogenannte Medical Valley ist ein international führender Medizintechnik-Cluster und mit einem jährlichen Budget von 80 Millionen Euro sogar eines der größten Gesundheitsforschungsprogramme weltweit. Partner aus der Wirtschaft sind Größen wie Siemens Healthineers oder das Pharmaunternehmen Novartis. Die beiden Städte der Metropolregion haben ihre Kräfte in einem Digital Health Hub gebündelt. Eine Digital Health-Innovation aus der Region ist die mehrfach ausgezeichnete Softwarelösung Alberta des Start-ups IT-Labs. Dabei handelt es sich um eine intelligente Plattform für Gesundheitsprodukteanbieter sowie Pflegedienstleister zur digitalen Patientenversorgung – angefangen bei der Patientenakte, über die Dokumentation von Behandlungen bis hin zur Tourenplanung und Versorgung mit Pflegeprodukten.

Das Musterländle Baden-Württemberg

Baden-Württemberg gilt gemeinhin als „Musterländle“ und unterstützt systematisch die Entwicklung von regionalen sowie landesweiten und internationalen Netzwerken. Unter den nahezu 100 Clustern im „Ländle“ finden sich unter anderem Netzwerkverbunde für Elektromobilität oder Medizintechnik, die auf eine effiziente Verzahnung von Forschung und Praxis abzielen. Darüber hinaus unterstützen sechs landeseigene Innovationsagenturen Wirtschaft und Wissenschaft: Beispiele dafür sind die BIOPRO BW im Bereich Gesundheit und Bioökonomie und die e-mobil BW mit Fokus auf die Intelligente Mobilität der Zukunft. Technologie- und Innovationspolitisch will die Landesregierung „weltweite Leitregion des digitalen Wandels werden“ – so die ambitionierte Zielsetzung eines Strategiepapiers zu Künstlicher Intelligenz.

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Foto: Shutterstock / wavebreakmedia

Baden-Württemberg liefert dafür auch beste Voraussetzungen. So ist der Großraum Stuttgart einer der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte in Deutschland und Europa: Hier trifft Industrielle Tradition auf exzellente Forschung und schafft beste Voraussetzungen für Innovationen. Ein Vorzeigebeispiel ist dabei das Cyber Valley – ein Brückenschlag zwischen der Landeshauptstadt und Tübingen. Das Cyber Valley ist Europas größtes Forschungskonsortium für Künstliche Intelligenz und ein florierendes Ökosystem. Neben Grundlagenforschung betreibt man dort auch angewandte Forschung, beispielsweise zu Biomedizin oder Robotik. Zu den Partnern gehören auch hier Schwergewichte der deutschen Forschung wie die Max-Planck- oder die Fraunhofer-Gesellschaft. Mit dabei sind zudem global tätige Konzerne wie Amazon, Bosch oder Daimler. Mit dem Tübingen AI Center findet sich in der Region zusätzlich eines der vom Bundesforschungsministerium geförderten Kompetenzzentren für KI. Das bekannteste Unternehmen aus dem Cyber Valley ist CureVac. Das BioTech-Unternehmen nutzt seine mRNA-Technologie zur Herstellung von Impfstoffen und ist gegenwärtig einer der Hoffnungsträger im Kampf gegen das Coronavirus.

Eine weitere herausragende Technologieregion im Ländle ist Karlsruhe. Die Fächerstadt ist einer der bedeutendsten Standorte für die Entwicklung und Anwendung von KI in Deutschland. Neben der Fraunhofer-Gesellschaft finden sich vor Ort weitere, renommierte Forschungseinrichtungen wie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) oder das Forschungszentrum Informatik (FZI). Bereichert wird das regionale Ökosystem vor allem durch das mehrfach ausgezeichnete „Hightech-Unternehmer-Netzwerk“ CyberForum – eines der besten IT-Cluster in Europa. Auch der Digital Hub Karlsruhe baut auf den Kompetenzen der Region auf. Ein Karlsruher Gewächs ist das Start-up apic.ai: Durch den Einsatz von KI will das junge Unternehmen das Insektensterben ergründen. Dabei soll eine KI-basierte visuelle Überwachung von Bienenstöcken Aufschluss über Umweltgifte liefern. Ein Paradebeispiel für die Verbindungen von Hochtechnologie und Umweltschutz „made in Germany“.

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