Digitale Bildung: Die Krise könnte für den Durchbruch sorgen

Foto: CC0 1.0, Unsplash User Annie Spratt | Ausschnitt bearbeitet
Foto: CC0 1.0, Unsplash User Annie Spratt | Ausschnitt bearbeitet
Veröffentlicht am 27.03.2020

Foto: CC0 1.0, Unsplash User Annie Spratt | Ausschnitt bearbeitet
Europaweit wurden Schulen geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Eine Ausnahmesituation, die das Bildungssystem vor Herausforderungen stellt. Wie steht es hierzulande um die Bildung von Zuhause und welche digitalen Lösungsansätze gibt es?

Zur Eindämmung der aktuellen Corona-Pandemie wurden bundesweit alle Schulen geschlossen. Auch in den Nachbarländern Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich, Schweiz und Frankreich kam es zu landesweiten Schulschließungen. Wir befinden uns somit in einer Situation, in der es notwendig ist, den Unterricht in die virtuelle Welt zu verlagern. Sorgt die Krise letztlich für den Durchbruch der digitalen Bildung?

Als Hilfe in der der aktuellen Lage bietet Estland – im PISA-Test an der Spitze Europas – seine digitalen Bildungslösungen derzeit kostenlos an. „Digitales Lernen und Lehren ist selbst unter normalen Umständen eine Herausforderung. Während des COVID-19-Ausbruchs ist Digitale Bildung jedoch die einzige Option“, betont Mart Laidmets, Generalsekretär des estnischen Ministeriums für Bildung und Forschung. Wie steht es jedoch aktuell in Deutschland um die Digitalisierung der Bildung und welche digitalen Technologien können hierzulande dabei helfen, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten?

Keine flächendeckenden Angebote in allen Bundesländern

Laut einer aktuellen Umfrage des Bitkom bewerten mehr als die Hälfte der befragten Schüler*innen die technische Ausstattung ihrer Schulen als mangelhaft und kritisieren das Fehlen digitaler Medien im Unterricht. Um die digitale Modernisierung der deutschen Schullandschaft voranzutreiben, stellen Bund und Länder seit März 2019 über den DigitalPakt Schule fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Mit Ausnahme von Hessen, dem Saarland und Sachsen-Anhalt bewilligten die restlichen 13 Bundesländer nach Angaben des Bitkom bereits erste Förderanträge. Diese bewegen sich mit ihrem Gesamtvolumen derzeit im sechsstelligen Bereich und rufen somit nur einen Bruchteil der milliardenschweren Förderung ab.

unsplash-Hal-Gatewood-Kind-Schule-Laptop-digital-1280x720
Foto: Unsplash / Hal Gatewood / Ausschnitt bearbeitet

Trotz des Investitionsstaus haben vereinzelte Bundesländer im Zuge der Schulschließungen Anwendungen und Inhalte für digitale Bildung geschaffen, beispielsweise in Bayern: Dort werden Lehrinhalte seit Kurzem über das Format „Schule daheim“ auf dem Sender ARD-alpha zu festen Zeiten ausgestrahlt und können auch digital in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks sowie der bayerischen Bildungs-Plattform mebis abgerufen werden. Zum weiteren Angebot von mebis gehören eine Lernplattform, mit deren Hilfe digitale Lernkurse organisiert werden können oder die mebis Tafel, eine web-basierte Oberfläche zum Erstellen multimedialer und interaktiver Tafelbilder.

Neben Bayern verfügen auch Berlin (LERNraum Berlin), das Saarland (Online Schule Saarland) und Sachsen (LernSax) über eigene Lern- und Bildungsplattformen. Mecklenburg-Vorpommern reagierte auf die aktuelle Situation, indem auf Lösungen des privaten Anbieters Fuxmedia zurückgegriffen wurde. Allen Schulen des Landes steht somit ein kostenloser Zugang zu einer Unterrichtsplattform zur Verfügung, um Unterrichtseinheiten sowie Lerninhalte für Schüler*innen digital aufzubereiten. Was ist jedoch mit den Millionen Schüler*innen der restlichen Bundesländer, die sich nun selbst organisieren müssen? Welche Möglichkeiten und Lösungen gibt es für sie und deren Lehrkräfte?

Wissen vermitteln mit Apps und Plattformen

Eine Übersicht an nützlichen Anwendungen für die Organisation von digitalem Unterricht und e-Learning liefert der Bitkom. Für Lehrkräfte finden sich dort Klassiker wie die auf Open Source-Software basierte Lernplattform Moodle oder die sonst kostenpflichtige Online-Klassenzimmer-Lösung des in Zypern beheimateten Softwareherstellers 3CX, welche Bildungseinrichtungen aktuell ein Jahr kostenlos nutzen können. Auch zur Gestaltung des Unterrichts und von Lerninhalten finden sich nützliche Tools und Werkzeuge wie ONCOO. Die Plattform bietet verschiedene Anwendungen wie die „Kartenabfrage“, bei der Schüler*innen ihre Inhalte auf Karten einreichen, die von den Lehrkräften dann auf einer virtuellen Tafel sortiert werden können.

pixabay-nastya-gepp-frau-smartphone-girl-3718531-1280x720
Foto: CC0 1.0, Pixabay User nastya-gapp | Ausschnitt angepasst

Eine geeignete Lern-App für Schüler*innen von der ersten bis zur zehnten Klasse bildet die universelle Lern-Plattform Anton von dem in Berlin ansässigen Entwickler solocode. Anton ist sowohl über Computer als auch Smartphones und Tablets nutzbar. Ziel ist es, Schüler*innen zum eigenständigen Lernen zu motivieren. Dabei verfolgt die App unter anderem einen Gamification-Ansatz: So werden Lerninhalte durch Spiele vermittelt und bei Fortschritten erhalten Schüler*innen Belohnungen wie Pokale, um sie weiter zu motivieren. Auch Lehrkräfte profitieren von einer einfachen Handhabung beim Verwalten von Schulklassen: Aufgaben können direkt zugewiesen und der Lernfortschritt online verfolgt werden.

Klassenzimmer in der Cloud und im Netz

Von den bundesweiten Schulschließungen profitiert auch der 18-jährige Gründer Nils Reichhardt mit seiner App Sharezone. Die Cloud-basierte App bietet eine Vielzahl an Funktionen wie ein digitales Hausaufgabenheft und die Möglichkeit zum Anlegen von Stundenplänen.

Mit Hilfe eines File-Sharing-Systems können Schüler*innen Hausaufgaben hochladen und Lernvideos posten oder Lehrkräfte Materialien verteilen. Der integrierte Messenger ermöglicht direkte Kommunikation zwischen Schüler*innen, Lehrkräften und Eltern. „Im Prinzip wie bei einer Whatsapp-Gruppe, nur übersichtlicher“, erklärt Reichardt in einem Interview mit Gründerszene. Auch die Netzgemeinschaft solidarisiert sich und bietet auf Twitter unter dem Hashtag #twitterlehrerzimmer Hilfestellung bei Problemen, tauscht sich über diverse Apps aus und vernetzt sich zum gemeinsamen Lernen.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion